Ersten geschriebenen Referenzen
Nach den am weitesten verbreiteten Theorien gab es zu Beginn weder Tanz noch Gitarre, sondern nur den Gesang, so daß man sogar geglaubt hat, der erste 'palo´ sei die Toná gewesen, die in dem Dreieck Triana-Jerez -Cádiz entstand.
Eine eingehende Lektüre des Werkes "La Gitanilla" von Cervantes lehrt uns jedoch, dass der Tanz die erste Flamenco-Disziplin war, es sei denn, der Autor hätte eine frei erfundene Geschichte erzählt, was auch nicht verwunderlich wäre. In diesem Werk erscheint die Figur der Preciosa, eine junge Tänzerin, die sich ihren Lebensunterhalt damit verdient, Tänze mit andalusischem Verschnitt aufzuführen und der sich sowohl die Musik- als auch die Gesangsbegleitung unterwerfen. Zusammen ergeben sie die sogenannten 'corridos gitanos´. Zu Beginn dieses Lehrromans lesen wir wie folgt: "Diese Preciosa, betrat die Bühne. Sie war die einzigartigste Tänzerin des ganzen Zigeunertums, die schönste und taktvollste die man finden konnte, nicht nur unter den Zigeunern, sonder unter den schönsten und taktvollsten, denen ihre Berühmtheit vorauseilte". Dieses Werk, Anfang des 17. Jh geschrieben, setzt den ersten dokumentierten Präzedenzfall im Studium der Herkunft des Flamenco. Wir sollten jedoch nicht mit allen Glocken läuten, denn sein romanhafter Charakter nimmt der Geschichte einen Teil ihrer Glaubwürdigkeit, und wir können diesem Geschehen keine empirische Bedeutung beimessen. Um 1740 jedoch, verfasste ein gewisser 'Bachiller Revoltoso´ ein handgeschriebenes Libretto, das eine Geschichte erzählt, in der die Enkelin von Baltasar Montes (der älteste Zigeuner Trianas) in den Häusern der aristokratischen Familien Sevillas in Begleitung von Saiteninstrumenten und Percussions tanzte. Der gleiche Autor erzählt in "La Prisión General de los Gitanos" von 1749 die Rohheit mit der die kastilischen Truppen die Bevölkerung Trianas behandelte.
Die gleiche Streitschrift zu "La Gitanilla" erscheint zu "Cartas marruecas" von José Cadalso 1789 in Form von Episteln eines Mauren mit Namen Gazel Ben-Aly an seinen Freund Ben-Beley gerichtet. In diesem Werk beschreibt der Autor eine von "Tío Gregorio" organisierte 'juerga gitana´ (Zigeuner-Fest) in einem Bauernhaus, was nach den anderen Daten die Existenz der eigentümlichen und differenzierten Musik Andalusiens bestätigt.
Ca. 1820 wird dies in einem in einer Cádizer Zeitung erschienenen Artikel bestätigt. Darin hieß es, dass Antonio Monge im Teatro del Balón die vier 'palos´ spielen würde (die aus Ronda, Tobalo, Jerez und Cádizer), und 1885, dass Fräulein Sejuela in dem Lokal Barrera de Sevilla Soleá tanzen würde. Zu guter letzt beschreibt Serafín Estébanez Calderón in 'Escenas Andaluzas´ (1862) den 'Baile en Triana´, an dem die berühmten Sänger El Planeta und sein Schüler El Fillo teilnehmen und schließt damit den Kreis der Spekulationen über die Herkunft des Flamenco. Von nun an gibt es eine klare Schlußfolgerung: Das Genre ist über 200 Jahre alt und wird durch die Veröffentlichung von 'Colección de Cantes Flamencos´ 1882 von Demófilo begründet.