Die olivernte vom verdeo zum botifuera
Andalusien ist seit jeher eine Olivenanbauregion. Nirgendwo auf der Welt wachsen so viele Olivenbäume und werden so viele und so gute Olivenöle produziert wie hier. Kein Wunder also, dass es 13 rsprungsbezeichnungen und geschützte geografische Angaben gibt, wobei Jaén und Córdoba an der Spitze stehen. Das Klima und die Beschaffenheit der einzelnen Provinzen bringen eine breite Palette von Ölen hervor, von denen jedes seinen eigenen Charakter hat. Picual, Hojiblanca, Picuda, Manzanilla, Gordal, Lechín, Verdial oder Arbequina sind nur einige der Namen, die Sie kennen lernen werden, wenn Sie sich auf eine Reise durch das Land des flüssigen Goldes begeben.
Olivenbäume sind ein wesentlicher Bestandteil der andalusischen Landschaft. Weite gitterartig angelegte Flächen erstrecken sich über ein Gebiet mit gewundenen, oft jahrhundertealten Baumstämmen, die die Quelle des Wohlstands seiner Dörfer, die Grundlage seiner Gastronomie und der Tragpfeiler seiner Traditionen sind. Andalusien und seine Olivenhaine sind seit Jahrtausenden untrennbar miteinander verbunden.
Natives Olivenöl extra, in Spanien als AOVE abgekürzt, ist die Grundlage eines bewährten Konzepts, das ein gesundes Leben jenseits der 80 Jahre ermöglicht und die tragende Säule der berühmten Mittelmeerkost ist. Aber der mühselige Prozess der Gewinnung dieses Elixiers der Jugend beginnt auf dem Feld mit dem Anbau der bescheidenen Olive. Die Ernte beginnt im Herbst mit dem ‚verdeo‘ oder der Ernte der grünen Oliven und gipfelt am letzten Tag der Kampagne, wenn der letzte Korb ausgeleert wird, mit dem ‚Remate‘-Fest und dem ‚botifuera‘ bzw. ‚botijuela‘ in Anspielung auf den Krug Wein, den der Besitzer den Erntehelfern zu geben pflegte.
Diesen Kreislauf der Verwandlung, der gastronomischen Kultur im weitesten Sinne, von der Olive bis zur Gewinnung des Goldes, das unsere Speisen tränkt, kennenzulernen, ist die Grundlage des Olivenöltourismus: Erfahrungen, die das Beste der lokalen Kultur mit den Angeboten des ländlichen, industriellen und gastronomischen Tourismus verbinden.
Wenn Sie in die Erfahrungen der Olivenbauern eintauchen wollen, gibt es nichts Besseres, als an der Arbeit des ‚verdeo‘ teilzunehmen, einer jahrhundertealten Tradition, die darin besteht, in den Monaten September, Oktober und November die grünen Oliven zu ernten. Es gibt diejenigen, die sie in geduldiger, fast mütterlicher Arbeit von Hand vom Olivenbaum pflücken und dabei die Technik des sogenannten "Melkens" anwenden. Am häufigsten wird jedoch der Stock oder der mechanische Rüttler verwendet, eine harte Arbeit, bei der auf die Äste geschlagen wird, um die Oliven zum Fallen zu bringen und den Baum so wenig wie möglich zu beschädigen. In einigen Gegenden Andalusiens, wie z. B. Arahal oder Olivares in Sevilla, werden Feste zur Feier des ‚verdeo‘ veranstaltet.
Um die jahrtausendealte Kultur der Olivenhaine besser kennen zu lernen, sollten Sie unbedingt eine Ölmühle besuchen, wo die Oliven zu Öl verarbeitet werden. Die spanische Bezeichnung Almazara kommt aus dem Arabischen und bedeutet so viel wie "Ort, an dem gepresst wird", denn das ist es ja, was dort getan wird: Die Oliven werden gepresst, um den ‚Saft‘ zu gewinnen. Soweit es schriftliche Aufzeichnungen gibt, gehen die ersten Ölmühlen, die Olivenöl in großen Mengen herstellen, auf das 6. Jahrhundert v. Chr. im antiken Griechenland zurück, obwohl wir in unserer Region großartige Mühlen haben, die bis in die Römerzeit zurückreichen, wie z. B. der großartige Olivenölkomplex Cortijo de Robles in der Stadt Jaén. Heute handelt es sich um kleine Industriezentren, die nach wie vor die gleiche Arbeit verrichten, allerdings unter Einsatz hochmoderner technologischer Mittel, die ein hohes Qualitätsniveau ermöglichen.
Viele Ölmühlen bieten Ihnen die Möglichkeit, in die Natur zu gehen, in den Olivenhain, um die Arbeit kennen zu lernen, die das ganze Jahr über durchgeführt wird, oder an einer Olivenölverkostung teilzunehmen. Ja, es wird auch getrunken! Man nimmt nur einen kleinen Schluck und behält ihn im Mund, um alle Geschmacksnuancen aufzuspüren, die einzelnen Sorten zu unterscheiden und ihre Qualität zu würdigen. Und nach der Verkostung ist es umso reizvoller, Olivenöl im Rahmen einer Öltherapie auf unserer Haut wirken zu lassen. Zahlreiche Spas und Schönheitszentren in den Erzeugerregionen bieten diese Dienstleistungen an. Niemand bezweifelt die verjüngende Wirkung des Olivenöls, denn es hat nicht nur nachweislich gesundheitsfördernde Eigenschaften, sondern auch die Fähigkeit, die Haut zu regenerieren.
Die Erlebnisse rund um das Olivenöl, für die es in der Provinz Jaén ein spezielles Programm mit dem Namen ‚Oleoturismo Jaén‘ gibt, setzen sich in Ausritten oder Wanderungen durch ein Meer von hundertjährigen Olivenbäumen fort. Und um sich auszuruhen, gibt es nichts Besseres, als in einem der Cortijos oder Bauernhäuser zu übernachten, die in dieser Gegend verstreut liegen und hervorragende Beispiele für die volkstümliche andalusische Architektur in Verbindung mit der landwirtschaftlichen Tätigkeit sind. Besuchen Sie auf jeden Fall die Botifuera, ein sehr beliebtes Frühlingsfest, das in andalusischen Dörfern mit traditioneller Olivenkultur stattfindet. Traditionell war es eine Feier zum Abschluss der Olivenernte, zu der der Chef oder Besitzer des Olivenhains seine Arbeiter zusammen mit ihren Familien am letzten Arbeitstag zu einem ländlichen Essen einlud. Dafür musste ihm eine der jungen Arbeiterinnen ihr Kopftuch um den Hals legen. Lassen Sie sich also nicht ablenken, sonst müssen Sie vielleicht auch noch den ‚remate‘ bezahlen!